giovedì 25 giugno 2015

Ein Teil unserer Geschichte

«Die Einbürgerung ist für mich eine reine Formsache»
Erst kommt das Herz und dann das Papier

In den 60erJahren wandern die Eltern Falzone aus Italien aus und finden in der Schweiz Arbeit und eine neue Heimat. Sie bekommen drei Kinder, eines davon ist Salvatore. Salvatore oder kurz Salva, wie viele ihn nennen, ist also ein typischer Secondo, in Flawil geboren und in Herisau aufgewachsen. Er macht eine technische Lehre und arbeitet viele Jahre bei der Swisscom. Doch dann möchte er etwas völlig Neues machen und wird Arbeitsagoge im Sozialbereich. Seit 2006 betreut er nun als stellvertretender Werkstattleiter Menschen mit psychischen Behinderungen.

Eine einschneidende Erfahrung ist für den jungen Mann sein Auslandsaufenthalt in einem kleinen Dorf in Italien. Dort spürt er zum ersten Mal bewusst, dass er mehr Schweizer als Italiener ist. Er kommt mit der Arbeitswelt und der Mentalität nicht zurecht. «Ich bin weltoffen, denke, spreche und fühle wie ein Schweizer. Für die Menschen dort war ich ein Schweizer, kein Italiener», erzählt er. Doch etwas Positives widerfährt ihm dennoch. Denn er lernt seine spätere Frau Angela kennen und nimmt sie mit zurück in die Schweiz. Zunächst arbeitet er noch im Tessin. Als die Drogentherapiestation der Organisation «Teen Challenge» schliesst, kommt er 2006 nach Glarus und findet in derselben Organisation eine Stelle. Mittlerweile haben die Falzones vier Kinder.

Es sei ein längerer Prozess gewesen, antwortet Salva auf die Frage «Warum jetzt?» «Ich lebe hier, aber ich zähle immer noch als Ausländer. Das hat mich zunehmend gestört.» Es gehe um Identität, betont er, nicht um Sicherheit oder Materialismus, denn es lasse sich prinzipiell bestens mit einem C-Ausweis in der Schweiz leben. Hier sei er kein Schweizer und in Italien kein Italiener. Es gehe darum, seine Identität nun formell bestätigen zu lassen, denn für ihn ist völlig klar: «Ich bin Schweizer.» Ihn interessiere auch die Politik, aber abstimmen oder wählen dürfe er nicht, obwohl er mitreden könne und eine Meinung habe. Die Einbürgerung sei aber ein Thema für die ganze Familie. Auch seinen Kindern, die bereits in der dritten Generation hier leben, wolle er hiermit eine Identität geben. Sollten sich diese auch einmal länger im Ausland aufhalten, könnten sie einfach wieder nach Hause kommen. Daher haben er und seine Frau sich im vergangenen Mai für den Integrationskurs angemeldet. Denn auch für Angela ist völlig klar, dass sie Schweizerin werden möchte. Die letzten acht Jahre seien die prägendsten gewesen. «Ich bin hier Mutter geworden und lebe hier.»

Natürlich sei mit vier kleinen Kindern der Lebensmittelpunkt die Familie, sagt Salva, für Hobbys bleibe daher kaum Zeit. «Aber wir halten uns auf dem Laufenden, was in der Schweiz, regional und lokal so alles läuft», sagt der Familienvater. Er spielt im Verein Fussball und natürlich besucht die Familie Veranstaltungen, geht auf Chilbis und an die Landsgemeinde. Und auch in ihrer Kirchengemeinde engagiert sich das Paar. Die älteren Kinder besuchten die Spielgruppe und Angela geht mit ihren Jüngsten zum MuKi-Treffen, trifft und spricht dort mit anderen Müttern und Nachbarn. Das sei doch selbstverständlich, sagt die vierfache Mutter. Genauso selbstverständlich war es für sie, gleich zu Beginn einen Integrationskurs für Frauen zu besuchen und die Sprache zu lernen. Sprache sei ein Schlüssel, mit dem sich vieles andere auftue, ist sie überzeugt. Sie gibt auch sofort Klavierunterricht und knüpft dadurch schnell neue Kontakte. Angela selbst stammt aus einer sehr musikalischen Familie und hat die Musik zu ihrem Beruf gemacht und Klavier studiert. Erst auf einer renommierten Privatschule, dann am Konservatorium in Foggia.

Es ist ein kleiner Marathon, den die Falzones durch Bund, Kanton und Gemeinde durchlaufen müssen, um in einigen Monaten den ersehnten Pass in den Händen zu halten. Die Erfordernisse hierfür sind nach den Informationen von Ruth Bertsch vom kantonalen Zivil- und Bürgerrechtsdienst Glarus enorm gestiegen (siehe Kasten). Hat früher eine Landessprache gereicht, muss nun ein deutscher Sprachnachweis auf der Stufe A2 vorgelegt werden. Dieser entspricht dem europäischen Referenzrahmen und sagt aus, dass ein Antragsteller die wichtigsten Alltagssituationen verstehen und selbstständig meistern kann.

Zudem muss an acht Abenden ein Kurs besucht werden, in dem die wichtigsten Fakten und Daten zur Geschichte, Politik, Geografie und zum Sozialsystem der Schweiz vermittelt werden. Wie viele Atomkraftwerke hat die Schweiz? Wie heissen die Bundesräte? Wie heisst der Fluss, der durch das Engadin fliesst? Dies alles sind Fragen, die in einer etwa 20-minütigen mündlichen Prüfung gestellt werden können. Zudem wird Wert auf das Wissen zur lokalen Geschichte und Geografie gelegt. Wie heissen die Seitentäler und Pässe des Kantons? Woraus besteht das Landsgemeindegericht? Was macht ein Landamman? Es ist ein dickes Dossier, voll gefüllt mit Randnotizen, das die Falzones gebüffelt haben. Und sie sind stolz darauf, dass sie diese Prüfung bereits bestanden haben. Es sei sehr spannend und interessant gewesen, berichten sie. Vor allem wurden sozialpolitische Aspekte wie Föderalismus und Demokratie vertieft. Diese seien wichtig für sie geworden, und sie sind stolz darauf, in so einem Land leben zu dürfen und ein Teil davon zu sein.


Von Sylvia Thiele-Reuther 
21. Januar 2015 / Glarner Woche, Glarus

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